Das Konstrukt Jungfräulichkeit

24/05/2021
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Eins müssen wir mal festhalten. Die Jungfräulichkeit ist ein Konzept, ein gedankliches Konstrukt unserer Gesellschaft. Die Gründe dafür liegen in ihrer langen und komplexen Geschichte. Und jede Generation hat ihre ganz eigene Beziehung dazu.

In der heutigen Zeit wird „das erste Mal“ oder das „Verlieren der Jungfräulichkeit“ noch immer als einschneidendes Erlebnis betrachtet – eines, das die meisten Menschen aber am liebsten einfach abhaken. Doch endlich beginnt sich eine Veränderung abzuzeichnen.

Heute definieren wir uns weniger denn je über unser Alter, unsere Sexualität oder unser Geschlecht und viel mehr über unseren Gemütszustand. Was, wenn wir uns alle auf dem Weg zu einem großen kollektiven Wandel befänden, der dazu führt, dass „der Akt“ selbst nicht mehr so stark im Fokus steht und unsere persönliche Lust in den Vordergrund rückt. Was für eine wunderbare Welt wäre das …

ALSO … im Geiste des Fortschritts wollen wir an dieser Stelle bekannten und weniger bekannten Mythen rund um „das erste Mal“ auf den Grund gehen – und zwar mit einem Spiel …

WAHR oder FALSCH

1. Am intakten Hymen (Jungfernhäutchen) erkennt man eine Jungfrau.

Falsch
Zunächst einmal wird nicht jede Frau mit einem Hymen geboren. Das bedeutet aber nicht, dass ihr etwas fehlt. Tampons, Blut und Finger können die Vagina problemlos passieren, ohne das Hymen zu zerstören. Selbst wenn eine Frau das erste Mal Geschlechtsverkehr hat, verschwindet das Hymen nicht – es wird lediglich gedehnt!

Dies steht in krassem Widerspruch zu den Begriffen, die wir verwenden, wenn wir über „Jungfräulichkeit“ sprechen. Die Wahrheit ist, dass nichts „verloren“ geht … keine biologische Veränderung des Körpers eintritt.

2. Jungfräulichkeit ist kein medizinischer Begriff.

Wahr!
Die Weltgesundheitsorganisation stuft „Jungfräulichkeitstests“ als eine Verletzung der Menschenrechte ein. Der Grund dafür ist, dass es vom medizinischen Standpunkt her nicht möglich ist, an der Vagina zu erkennen, ob eine Frau Sex hatte. Jedes Hymen sieht anders aus. Manche sind löchrig, andere ringförmig und wieder andere kaum sichtbar. Daher kann es keinen Standard für die Bestimmung einer Penetration geben.

Auch das American College of Obstetricians and Gynecologists stimmt zu, dass es keinen medizinisch verlässlichen Test auf Jungfräulichkeit gibt.

3. Durch das Eindringen des Penis beim Vaginalsex geht die Jungfräulichkeit verloren.

Falsch.
Der Begriff Jungfräulichkeit ist heteronormativ, da penetrativer Vaginalsex in unserer Gesellschaft die einzige legitimierte Form des Geschlechtsverkehrs ist. Folglich schließt das Konzept der Jungfräulichkeit die LGBT-Community per Definition aus und impliziert, dass Sex in der LGBT-Community weniger legitim ist. Die meisten Spezies haben homosexuelle Verhaltensweisen, aber nur die Menschen haben dies noch nicht völlig akzeptiert.

4. Es ist besser, mit der Verwendung von Sexspielzeugen zu warten.

Auch falsch!!
Wie gesagt, Tampons, Blut und/oder Finger können die Vagina problemlos passieren, ohne das Hymen zu zerstören. Außerdem werden einige der besten Spielzeuge für Frauen sowieso außen verwendet, ohne jemals in die Vagina vorstoßen zu müssen. Also keine Hemmungen – nimm dir etwas Gleitgel und erkunde mit deinem Sexspielzeug deine Vorlieben, bevor du Sex mit einem Partner/einer Partnerin hast, wenn die Zeit reif ist. Du wirst sehen, der Sex wird dadurch noch besser.

5. Das Konzept der Jungfräulichkeit ist ein ewiger Zyklus der Scham.

Ja, das ist definitiv wahr.
Reinheit ist ein Konzept, genauso wie es Jungfräulichkeit ist. Die beiden sind auf gefährliche Weise miteinander verbunden, wodurch ein Zyklus der Scham für Vaginabesitzerinnen erzeugt wird. Frauen wird von klein auf beigebracht, dass „Reinheit“ etwas Heiliges ist, das es zu schützen gilt. Und dass das erste Mal Geschlechtsverkehr für die Frau schmerzhaft sein sollte und dass es bluten wird (übrigens beides falsch). Das Konzept der Reinheit existiert für Männer schlichtweg nicht. Es gibt zahllose kulturelle Gründe, die zur „Orgasmuskluft“ und diesem Zyklus der Scham beitragen, aber sie alle scheinen unserer Verleugnung weiblicher Lust zu entspringen. Unsere Gesellschaft missbilligt Frauen, die ihre Lust ausleben, unverbindlichen Sex und wechselnde Sexualpartner*innen haben. Und doch ist eine offene Kommunikation mit unseren Partner*innen der Schlüssel zum Erreichen des Orgasmus.

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